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Was ist in Deutschland eine ‘Geringfügige Anwendung‘ im ‘Öffentlichen Interesse‘?

 Abbildung mit Gemüse Die Bewertung von Anwendungsgebieten in Anträgen nach Art. 51 VO (EG) 1107/2009 erfolgt immer bezogen auf den Einzelfall.

Für die Bewertung der Geringfügigkeit einer Anwendung werden folgende Bewertungskriterien zugrunde gelegt:

(Diese Angaben stellen Richtgrößen dar, von denen im Einzelfall im Rahmen der Gesamtbewertung eines Antrags geringfügig abgewichen werden kann.)

Kleinkultur:bis 10.000 ha Anbaufläche
Hauptkultur:maximal ca. 10.000 ha behandlungswürdige Fläche
insgesamt:in allen Fällen des Vorliegens eines geringfügigen Umfangs

Andere Fälle eines geringfügigen Umfangs liegen vor, wenn z.B. der Schaderreger nicht jedes Jahr, oder nur in bestimmten Gebieten auftritt. Letztendlich reduziert sich hierdurch die behandlungswürdige Fläche.

Für die Bewertung des öffentlichen Interesses werden folgende Bewertungskriterien herangezogen:

die Bekämpfungsnotwendigkeit des Schaderregers in der Kultur
die geschätzte jährliche behandlungswürdige Fläche
die Anzahl der in der Indikation bereits ausgewiesenen Pflanzenschutzmittel im Hinblick auf ihre Wirkeigenschaften und deren Eignung als Lösung des Pflanzenschutzproblems
die Gewinnerwartung für die Firma (basierend auf der Schätzung eines Verkaufserlöses für das Mittel in der beantragten Anwendung, im Verhältnis zu den Kosten für die Beantragung)

In Bezug auf die Anzahl der vorzusehenden Mittel in einem Anwendungsgebiet gibt es keine starren Vorgaben. Über jeden Antrag ist in einer Einzelfallprüfung zu entscheiden. Als Richtgröße werden mindestens drei Wirkstoffe mit unterschiedlicher Wirkungsweise für ein Resistenzmanagement als erforderlich erachtet, um eine Lücke zu schließen.

Ebenfalls in die Bewertung der vorliegenden Bekämpfungsmöglichkeiten fließen biologische Maßnahmen, sowie einschränkende Auflagen und Anwendungsbestimmungen und sonstige Vorteils- oder Nachteilswirkungen der bereits in der Indikation zugelassenen Mittel ein.

Übersteigt die Gewinnerwartung für die Firma die Kosten für die Beantragung nach Art. 51 VO 1107/2009, so wird keine Gebührenbefreiung bei der Antragstellung gewährt. Bei nachgewiesener Dringlichkeit der Verfügbarkeit des Mittels für die Praxis, wird auch bei Gewinnerwartung das Kriterium des öffentlichen Interesses als erfüllt angesehen.

Die Beantragung wirkstoffgleicher Mittel in einer Indikation (der Wirkstoff ist in der beantragten Indikation bereits zugelassen) über das Verfahren nach Art. 51 VO (EG) 1107/2009 liegt nicht im öffentlichen Interesse.

Wenn Bekämpfungslücken in kleinen Kulturen geschlossen werden, kann deren Anbau abgesichert werden. Dies hat auch Auswirkungen auf übergeordnete, indirekte Nutzens-Aspekte, die nicht im Rahmen des Art. 51-Verfahrens bewertbar, aber insbesondere Bestandteil des gesellschaftlichen bzw. öffentlichen Interesses sind. Dies sind z.B.: die Erzeugung schadorganismenfreier Produkte, die Stärkung der regionalen Produktion, der Erhalt des Selbstversorgungsgrades, die Sicherung einer möglichst breiten Kulturartenvielfalt, der Erhalt von Kulturlandschaften und traditioneller Landschafsstrukturen, die Verhinderung des Ausfalls von Exporterlösen, die Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit oder die Sicherung von Arbeitsplätzen.